
Astrophysik
Ist die Oortsche Wolke ein Mythos?
Sie wurde noch nie beobachtet und ist daher hypothetisch. Berechnungen und Rückschlüsse belegen dennoch ihre Existenz.
Gesehen hat sie noch niemand. Und dennoch gilt sie unter Astronominnen und Astronomen als nahezu sicher. Die Theorie dieser gewaltigen Kometenwolke entstand in der Mitte des 20. Jahrhunderts, als der niederländische Astronom Jan Oort versuchte, die Herkunft langperiodischer Kometen zu erklären. Diese Kometen erscheinen urplötzlich am Himmel – aus Richtungen, die nicht zum Kuipergürtel oder anderen bekannten Reservoirs passen. Ihre extrem langen Umlaufbahnen und zufälligen Eintrittswinkel deuten darauf hin, dass sie aus einem weit entfernten, kugelförmigen Bereich rund um unser Sonnensystem stammen – der heute als Oortsche Wolke bezeichnet wird.
Zwar lässt sich diese Struktur nicht direkt beobachten – dafür ist sie zu lichtschwach und zu weit entfernt. Aber ihre Wirkung ist messbar: Immer wieder driften Kometen aus scheinbar zufälligen Richtungen in das innere Sonnensystem. Sie sind die Botschafter eines eisigen Randgebiets, das mit rund 100.000 Astronomischen Einheiten (etwa 15 Billionen Kilometer) bis fast an den Rand des Sonnen-Schwerefelds reicht.
Die Oortsche Wolke ist ein frostiger Außenposten voller uralter Materie – ein Relikt aus der Frühzeit des Sonnensystems. Und auch wenn wir sie (noch) nicht sehen können, könnten künftige Teleskope und Raumsonden diesem Mythos bald Realität verleihen.
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